Hannelore und Otto J.W. Düwer

Lehren

 

Selbst wenn der Anker normalerweise hält, kann es bei höher als normal auflaufendem Wasser Probleme geben, besonders nachts.

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Ankern ist eine schöne Sache, wenn die Wellen moderat bleiben.

Im Hafen ist das Schiff in der Regel an drei Punkten fest, vor Anker nur an einem. Das macht sich bemerkbar. Das Schiff schwoit ständig. Selbst der Tidenstrom behält nicht immer die Oberhand. Der Bruce Anker (15 kp), mit Kettenvorlauf und 30 m Ankerleine, ist für das Schiff gut gewählt. Aber berauschend ist es nicht, wenn der Anker von Hand gehoben werden muss.

Es kommt schon vor, dass bei moderatem Wind der Anker fällt und bei zunehmenden Wind der Ankerplatz wieder verlassen werden muss. Sei es, dass der Ankergrund nicht hält (z. B. stark verkrautet) oder das Schiff wegen einer Winddrehung auf Legerwall liegt. Dann wird die Ankerleine Hand über Hand geholt, das Schiff mit Motorunterstützung in Richtung Anker dirigiert. Wie soll das gehen? - der Motor grummelt, der Wind heult, die Steuerfrau wartet auf Anweisung - natürlich Handzeichen! Der seitlich ausgestreckte Arm zeigt der Steuerfrau an, wie sie das Ruder stellen muss. Die erhobene Hand zeigt an, dass sie aufstoppen soll. Nebenbei die Lose in der Ankerleine holen, Leine belegen, weil der bockende Bug mal wieder aus der Richtung schert, standsicher an Bord bleiben. Und das, bis letztendlich die Ankerleine kurzstag geholt werden kann. Dann den Anker noch ein kurzes Stück überfahren, ausbrechen, an Bord hieven und der Steuerfrau anzeigen, das nichts mehr das Schiff hält. Wenn diese Prozedur häufig vorkommt, wird eine Ankerwinde unverzichtbar. Es gibt allerdings einen weiteren Grund, der für eine Ankerwinde spricht, nämlich die Verwendung einer Ankerkette.

Weshalb bei diesem Schiff eine Ankerkette angemessen ist, zeigt die folgende Geschichte: Nach einem langen Segeltörn fällt der Anker. Die Position des Schiffes wird ins Logbuch eingetragen. Nach dem Dinner wird noch einmal geprüft ob der Anker hält. Anschließend  fallen die Augen zu. Das Schiff verhält sich wie immer. Es schwoit, es ruckt hin und wieder in die Ankerleine ein und die Wellen plätschern dann und wann am Spiegel. Der Schlaf ist ruhig und lang. Am nächsten Tag - Anker auf, Hand über Hand. Was ist das? Die Leine besteht nur noch aus einigen Garnen. Beim letzten Zug zerreißt es auch diese. Das Schiff ist los, der Anker weg. Die Ankerleine hatte sich durch stetes Schamfilen am Bugbeschlag aufgerieben. Es war nicht das erste Mal, dass sich die Leine verjüngte. Deshalb wurde sie schon einmal durchgeschnitten und schiffig verspleißt. Auch ein darüber geschobenes aufgeschnittenes dickes Schlauchstück als Schamfielschutz, konnte diesen Vorgang nicht verhindern.

Ankern ist eine schöne Sache, wenn das Ankergeschirr zuverlässig ist.

Kurz entschlossen wurde eine elektrische Ankerwinde montiert. Ketteneinlauf zum Ankerkasten, wie sich das gehört, Motor geschützt und trocken im angrenzenden Staufach, Betätigung nur am Ort des Geschehens mittels Kabelsteuerung und Zählwerk, neuer Anker, 30 m Kette. Eine feine Sache. Die stehende Winde wird auch regelmäßig genutzt, wenn einer in den Mast gehievt werden soll. So gerüstet, Wochen später, wieder los, alten Anker suchen. Die Position war ja bekannt. Gleich beim ersten Suchgang mit einem kleinen Klappdraggen im Schlepp, der noch von der Jolle stammte, kam das zerschnittene Ende der Leine hoch. Doch es dauerte dann noch drei Stunden, bis es gefasst werden konnte. Mittlerweile war das Wasser soweit weggelaufen, dass an der alten Position mit altem Anker wieder geankert werden musste. Seitdem werden drei Anker gefahren. Der Neue ganz normal, der Alte in einem Staufach im Vorschiff und der von der Jolle in der Backskiste.

Ankern ist eine schöne Sache, wenn der Skipper vertrauenswürdig ist.

Das Wasser beginnt abzulaufen, der Wind säuselt leicht mit Unterbrechungen aus Ost, wohlig warmes Wochenende, Badetemperatur. Somit ist die Richtung vorgegeben, See. Weit kommt das Schiff nicht, der Wind hilft kaum, aber die Strömung treibt es bis zum Suezpriel. Es hilft ja nichts, Motor an, rein in den Priel, ankern. Zwei Stunden vor Niedrigwasser, Kette fünfmal Wassertiefe. Das Wasser läuft ab, kentert, läuft auf, erreicht seinen Höchststand, ein Kormoran setzt sich, wahrscheinlich versehentlich, auf die untere Saling und fühlt sich wie der Skipper, wohl. Beide hatten vorher ausführlich getaucht und Beute verschlungen. Nachdem, was dann zwangsläufig folgt, hob der eine ab, der andere verkroch sich, nicht ohne noch mit der Pütz nachgespült zu haben, in die Koje. Der nächste Morgen brachte eine weitere Überraschung ganz  anderer Art. Das Schiff lag nicht mehr an der ursprünglichen Ankerposition, sondern mehrere hundert Meter seewärts. Der Wind hatte gedreht und zugelegt. So kann es gehen, wenn es mit fünfmal Wassertiefe wörtlich genommen wird. Vielleicht sollte es fünfmal Hochwassertiefe heißen.

Ankern ist eine wunderschöne Sache, seitdem das Kettengeruschel durch eine Ankerkralle abgestellt wurde.

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